Anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September 2023 haben wir zu Information und Austausch zum neuen Vormundschafts- und Betreuungsrecht eingeladen, das seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist. Die zentrale Frage lautete, ob mehr Selbstbestimmung und bessere Qualität in der rechtlichen Betreuung auch für Menschen mit Demenz* gilt.

Im schönen Ambiente des Berliner Scharounsaals der AOK Nordost begann der Tag mit einem lebendigen und spannenden Vortrag des Rechtsanwalts Klaus Bobisch. Der Geschäftsführer des Bundesverbands freier Berufsbetreuer (BVfB ) e.V. erläuterte die Reformen und die aktuelle Rechtslage.

Eine demenzielle Erkrankung allein reiche demnach nicht aus, um eine Betreuung zu begründen, erklärte der selbst als Berufsbetreuer tätige Anwalt. Nur bei ernsten Hinweisen auf Schwierigkeiten, die eine Gefahr für Leben und Vermögen darstellen, greife das Recht auf Betreuung. Hierbei habe die Vorsorgevollmacht einen hohen Stellenwert. Ziel der Maßnahmen sei es, Betreuungen so lange wie möglich zu vermeiden und erst nach der Ausschöpfung „erweiterter Hilfen“ eine Betreuung einzusetzen. Dahinter stecke das Anliegen, die Selbstbestimmung zu stärken und die Qualität der Betreuung zu verbessern.
Die Zuhörenden erfuhren, dass der Großteil der Menschen mit einer demenziellen Erkrankung (60 Prozent) nicht von beruflichen, sondern von ehrenamtlichen Betreuer:innen, meist den An- und Zugehörigen, begleitet wird. Tandembetreuungen, also eine gemeinsame Betreuung der Betroffenen von ehrenamtlichen und Berufsbetreuern, seien vom Gesetzgeber aus finanziellen Gründen nicht gewollt.
Für einige war neu, dass man bereits seit 1992 bei Erwachsenen nicht mehr von „Vormund“, sondern von „rechtlicher Betreuung" spricht.

Den Vortrag finden Sie hier.

Einen erhellenden Einblick in die Arbeit von Betreuungsvereinen gaben anschließend Marie Schäffler und Frau Gunkel vom Betreuungsverein Reinickendorf in Trägerschaft der Volkssolidarität Berlin e.V.. Sie bemängelten die geringe Planungssicherheit und das auch hier fehlende Personal.
Gleichzeitig luden sie alle An- und Zugehörigen ein, sich mit ihren Fragen an die Betreuungsvereine zu wenden.

 

Am 17. September fand der nun schon zur Tradition gewordene Ökumenische Segnungsgottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche statt. Zum 18. Mal hatten wir, die Alzheimer Gesellschaft Berlin, gemeinsam mit dem Geistlichen Zentrum für Menschen mit Demenz* und deren Angehörige dazu eingeladen. Entlang dem Motto des diesjährigen Welt-Alzheimertages „Demenz – Die Welt steht Kopf“ feierten wir gemeinsam mit Menschen mit Demenz*, deren An- und Zugehörigen sowie vielen professionellen und ehrenamtlichen Begleitenden einen zauberhaften Gottesdienst aus Worten, Bildern und Musik.

Wie jedes Jahr hatte ein Künstler ein Gemälde zum Thema geschaffen, das im Altarraum für alle gut sichtbar aufgestellt worden war. Alle, die kamen, erhielten eine Kopie des Bildes in Postkartengröße. Das Bild visualisierte die in einfacher Sprache gehaltene Predigt, und im Verlauf wurde immer wieder darauf Bezug genommen. Zutiefst bewegt waren alle, die gekommen waren, erneut von der musikalischen Begleitung des Gottesdienstes durch den Geigenvortrag von Linus Fuhrmann und dem Chor der Diakonie Haltestelle Wilmersdorf, in dem Erkrankte und Zugehörige gemeinsam singen. Über den Zeitraum von mehr als einer Stunde war eine innere und äußere Beteiligung aller Anwesenden deutlich fühlbar. Der Hinweis zu Beginn, dass bei diesem Gottesdienst Unterbrechungen und Äußerungen durch Anwesende dazugehören und selbstverständlich akzeptiert werden, erzeugte eine einzigartige Atmosphäre. Bekannte Lieder und Bibeltexte, die auch Menschen, die selten einen Gottesdienst besuchen, vertraut sind, machten es allen leicht, dem Geschehen zu folgen.Und als dann die kleinen Glöckchen läuteten, die zusammen mit den kurzen Bibeltexten am Anfang verteilt wurden, stand die Zeit für einen Moment still und es wurde spürbar, was uns alle miteinander verbindet.

Kein Wunder, dass viele der Einladung zu Kaffee und Kuchen im Anschluss an den Gottesdienst folgten. In der benachbarten Kapelle ließen sie den Nachmittag zusammen entspannt ausklingen.

Der Gottesdienst ist ein gemeinsames Projekt der Alzheimer Gesellschaft Berlin e.V. Selbsthilfe Demenz und dem Geistlichen Zentrum für Menschen mit Demenz und deren Angehörige.